„Die Amerikaner erwarten große Dinge von mir“, schreibt Dvořák im November 1892 an einen Prager Freund, „vor allem soll ich ihnen den Weg ins gelobte Land und in das Reich der neuen, selbständigen Kunst weisen, kurz, eine nationale Musik schaffen!“ Diese „große und hehre Aufgabe“ nimmt der neue Direktor und Kompositionsprofessor am „New Yorker National Conservatory of Music“ ernst. In den zweieinhalb Jahren seines Wirkens in der neuen Welt komponierte er die Neunte Sinfonie e-Moll, das Streichquartett F-Dur, das Streichquintett Es-Dur, die Sonatine G-Dur für Violine und Klavier, die Biblischen Lieder und das Cellokonzert h-Moll. In dieser Werkgruppe finden sich bestimmte musikalische Elemente in einer Dichte, wie in kaum einer seiner Kompositionen davor oder danach. Sie verleihen diesen Werken einen Tonfall, der sowohl in Amerika als auch in Europa als amerikanisch rezipiert wurde.

Im April 1993 schreibt Dvořák über seine eben fertiggestellte Neunte Sinfonie: „Sie macht mir große Freude und wird sich von meinen früheren grundlegend unterscheiden. Nun, wer eine ‚Spürnase‘ hat, muß den Einfluss Amerikas erkennen.“ Dvořáks Nase spürte diese Einflüsse in Transkriptionen von Indianermelodien, in Negro-Spirituals und Plantagenlieder aus dem Süden auf. So dient das Spiritual „Swing low, sweet chariot“ unüberhörbar als Vorbild für das Schlussgruppenthema des ersten Satzes der Neunten Sinfonie.

Mit welchen musikalischen Mitteln dieser „amerikanische Ton“ erzeugt wird und inwieweit diese Elemente auch für das slawische, böhmische oder mährische Idiom reklamiert werden können, wird Gegenstand unserer Untersuchungen sein. Doch nicht weniger Anteil an den Werken der amerikanischen Periode haben europäische Kompositionsverfahren, insbesondere die der Musik seines Freundes Johannes Brahms, der von Dvořák behauptet: „Der Kerl hat mehr Ideen als wir alle. Aus seinen Abfällen könnte sich jeder die Hauptthemen zusammenklauben.

Leistungsnachweis: Vortrag zu einem selbst gewählten Satz der genannten Werke (mit anschließender Diskussion).