Mittwochs, 14–16 Uhr (c. t.), Raum 8.28

Beginn: 03. April 2024 
Einschreibung möglich ab: 18. März 2024  

„Soll denn Beethoven immer nur das einzige Muster für unsere Kunstjünger, und die Klippe seyn, woran manches sonst nicht ungeübten Schiffers leichteres Fahrzeug zerschellt?“ – so fragt der Wiener Korrespondent der Allgemeinen Musikalischen Zeitung beinahe verzweifelt angesichts der mittlerweile offenbar als überwältigend empfundenen Größe Beethovenscher Kompositionen bereits im Jahr 1818. Gegen Ende seiner mittleren Schaffensperiode galt Ludwig van Beethoven (1770–1827) als genialisches Vorbild, ja geradezu einziger Maßstab für alle Bereiche der Musikproduktion. „Beethoven-Mythos“ (Carl Dahlhaus, 1980) und „Beethoven paradigm“ (Lydia Goehr, 1992) dominierten – in Verbindung mit der Idee der „absoluten Musik“ – fortan Komposition wie künstlerisches Selbstverständnis. Dabei scheint der Komponist als Denkfigur längst abgelöst von der Person selbst: „Beethoven“ steht für den heroischen Schöpfergeist, aber auch für standardisierte Formen und Material, die folgenreiche Trennung von Komposition und Aufführung sowie für einen abstrakten, regulativen Werkbegriff.

Auf der Suche nach der Aktualität dieser Denkfigur soll sich das an der Schnittstelle von Historischer Musikwissenschaft und Analyse angesiedelte Seminar einer Reihe fallbeispielhafter Gegenüberstellungen von Kompositionen des 19. bis 21. Jahrhunderts widmen. Diskutiert wird entlang der Frage nach dem Status des Textes und der Rolle der Interpretation (Beethoven: Siebtes Streichquartett op. 59/1, 1806 – Seidl: mixtape, 2013) über die Möglichkeit der Notation und Wirkung von formaler ‚Offenheit‘ (Beethoven: 16. Streichquartett op. 135, 1826 – Webern: Sechs Bagatellen für Streichquartett op. 9, 1911/13; Beethoven, Dritte Sinfonie op. 55, 1802/03 – Spahlinger: doppelt bejaht, 2009) bis hin zu ihrer Gestalt in konzeptionellen, performativen Ansätzen (Cage: Concert for Piano and Orchestra, 1957/58; Reinholdtsen: Musik, 2012). 

Das Seminar wird im team teaching von zwei Dozierenden betreut und kann wahlweise als Seminar Musiktheorie oder Proseminar Musikwissenschaft angerechnet werden, nachgewiesen jew. über eine Hausarbeit (8–12 Seiten). Anmeldung bis 03. April ausschließlich über das E-Learning-System (Moodle) der Hochschule. Die Zahl der Seminarplätze ist auf 22 Teilnehmer*innen begrenzt.

Rückfragen via E-Mail an andreas.lang@hmdk-stuttgart.de und frithjof.vollmer@hmdk-stuttgart.de. 

 

Zur Vorbereitung empfohlen (jeweils als Kopie im LMS / Moodle): 

Lydia Goehr, The Imaginary Museum of Musical Works. An Essay in the Philosophy of Music, Oxford 22007, S. 89–119 (Kap. „Central Claim“) und 205–242 (Kap. „Beethoven paradigm“).